Parken unterm Münchener Thomas-Wimmer-Ring

Köster realisiert Tiefgarage der Zukunft für Wöhr + Bauer

28. Januar 2021 | München

Angesichts des knappen Lebensraums in verdichteten Städten, müssen Stadtplaner kreativ und vernetzt denken. Das Münchener Projekt „TOM und HILDE“ ist ein Paradebeispiel für neuartige Nutzungskonzepte in der modernen Stadtentwicklung. Den Auftrag zu ihrer Errichtung erhielt der ortsansässige Projektentwickler WÖHR + BAUER GmbH. Die Rohbauarbeiten für die Tiefgarage „TOM“ verantwortete die Köster GmbH. In der beengten Innenstadtlage galt es auch in der Ausführung, kreativ zu werden.
 

Wie viele andere Metropolen steht auch die bayerische Landeshauptstadt München stetig vor der Aufgabe, den knappen Raum im Stadtkern klug zu nutzen. Bereits im Jahr 2007 beschloss der Stadtrat der Landeshauptstadt München, die derzeit im Herzen der Altstadt verorteten Stellplätze von der Hildegardstraße hinter dem Hofbräuhaus unter den Altstadtring zu verlegen. Die Tiefgarage unter dem Thomas-Wimmer-Ring wird nun in Kürze eröffnet werden, die Bauarbeiten an der Hildegardstraße für den Neubau nach den Entwürfen des Architekturbüros Hild und K beginnen dieses Jahr. Für die Gestaltung der oberirdischen Bauwerke der Tiefgarage zeigt sich Steidle Architekten verantwortlich und für die neue Gestaltung der Oberfläche Jühling & Partner Landschaftsarchitekten.

Dort, wo früher Hunderte von Stellplätzen den Autoverkehr in die engen Gassen der Altstadt lockten, entsteht durch die neuen Stadthäuser des Projekts "Hilde" ein architektonisch anspruchsvolles Ensemble. Es bietet neben der Erweiterung des Hotels Mandarin Oriental auch Platz für Wohnungen, Büros und Gastronomie. Die Weiterführung der Falckenbergstraße als offene Fußgängerpassage Richtung Süden sowie neue Aufenthaltsflächen über der Tiefgarage auf beiden Seiten des Thomas-Wimmer-Rings schaffen wertvollen Freiraum. 

„Nur auf den ersten Blick haben der Bau einer Tiefgarage und die Errichtung eines Hotels mit Wohn- und Geschäftseinheiten nicht viel gemeinsam. Bei der der Ausschreibung der Landeshauptstadt München und bei Wöhr + Bauer als Gewinner dieses Wettbewerbs gehörte beides von Anfang an zusammen. Sowohl die Tiefgarage als auch die beiden oberirdischen Gebäude in der Hildegardstraße setzen hohe Maßstäbe an Ästhetik und Funktionalität.“

Oliver Vogt, Mitglied der Geschäftsleitung der WÖHR + BAUER GmbH

Dank der Reduzierung auf wenige Stützpfeiler entsteht unter dem Thomas-Wimmer-Ring eine übersichtliche, benutzerfreundliche Tiefgarage mit ansprechendem Lichtdesign und klarer Architektur. Zusätzlich integriert ist eine barrierefreie öffentliche Fußgängerunterführung mit Fahrradgarage oberhalb des 1. UG. (Bildquelle: WÖHR + BAUER GmbH)

Hochbau unter Tage 

Als außergewöhnlich kann die Art der Bauausführung durch Köster bezeichnet werden: „Die neue Tiefgarage ist aus zwei Teilen zusammengefügt und wurde in drei Bauabschnitten erstellt“, berichtet Projektleiterin Diana Rölke. „Während der östliche Teil der Garage klassisch in einer Baugrube und in offener Bauweise beginnend mit dem 3. UG erstellt werden konnte, entstanden ab Juni 2019 die drei Parketagen im Westen teilweise in modifizierter Deckelbauweise, das 1. UG in offener Bauweise also von unten nach oben und das 3. und 2. UG in Deckelbauweise unter dem bereits fertiggestellten 1. UG.“ Eine spannende Aufgabe sei das gewesen, die allen Beteiligten Flexibilität, Kreativität und Professionalität abverlangt habe, so Rölke. Insgesamt verfügt jede Etage der Tiefgarage seit Verbindung der beiden Teile des Baukörpers über eine Grundfläche von ca. 45 m x 137 m.

Abtrag der Erddruckkräfte per Bohrpfahlwand

Aus baulichen Gründen wurde der Baukörper in sechs Betonierabschnitte unterteilt. Sie ziehen sich sowohl durch den östlichen als auch durch den westlichen Bauabschnitt in jedem Geschoss. Als Baugrubenverbau wurde eine überschnittene Bohrpfahlwand umlaufend errichtet. Die Bohrpfähle weisen einen Durchmesser von 88 cm auf und wurden in einem Abstand von 75 cm gesetzt. Sie dienen zum einen als wasserdichte Baugrubenumschließung sowie als statisches System für den Abtrag der Erddruckkräfte im Bauzustand. Die letzten circa 150 cm zwischen Oberkante Bohrpfahlwand und Oberkante Gelände wurden mittels Berliner Verbau ausgeglichen.

Keine Fotomontage: So sahen die Bauarbeiten unterhalb des Thomas-Wimmer-Rings zwischenzeitlich im Sommer 2020 aus. Während auf der rechten Bildhälfte sehr gut der spätere Aufbau zu sehen ist, werden in der linken Bildhälfte noch Rohbauarbeiten vorgenommen. (Bildquelle: Köster GmbH)

Der „Deckel“ entsteht

Anders als auf der Ostseite konnte auf der Westseite des Münchener Altstadtrings nur das erste Untergeschoss der neuen Tiefgarage in offener Bauweise hergestellt werden. Der Grund: Eine sichere Rückverankerung der notwendigen Bohrpfahlwand am westlichen Rand der Baugrube über alle drei geplanten Geschosse war nicht möglich, da die Kellermauern der nächstgelegenen Wohngebäude nur vier bis sechs Meter entfernt von der Baugrube liegen. Der Bohrpfahlwandverbau musste also ausgesteift werden. Dazu wurde die Decke über dem 2. UG gemeinsam mit dem kompletten 1. UG genutzt. Erst mit der Erstellung des ersten Untergeschosses bis Jahresende 2019 wurden die statischen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass mit dem Aushub für ein 2. und 3. UG begonnen werden konnte. Der Rohbau des 1. UGs wurde so zu einem „Deckel“, unter dem weitergebaut werden konnte.

Zu den größten Herausforderungen zählte die Anlieferung von Material durch die insgesamt drei zur Verfügung stehenden Logistiköffnungen in dem Deckel der neuen Tiefgarage. (Bildquelle: Köster GmbH)

Drei Logistiköffnungen

Die Bauphase III begann mit dem Ausbau des unter diesem Deckel befindlichen Erdreiches. Hierzu wurden in der Decke über dem 1. UG sowie in der Decke über dem 2. UG drei Logistiköffnungen mit einer Abmessung von 3 x 9 m angelegt. Über diese wurde mittels Seilbagger das gelöste Erdreich ausgehoben und auf LKW verladen. Unterstützt wurde dieser von Minibaggern, Tunnelbaubaggern und Raupen, die das Erdreich lösten und zu den Logistiköffnungen transportierten.

Auch für die Einbringung von Material wie Schalung, Bewehrung und Baustoffe standen lediglich die Logistiköffnungen zur Verfügung. Das benötigte Material musste zum Großteil zur Einbaustelle vertragen bzw. transportiert werden und dies mit modernen Elektrofahrzeugen, denn auf Fahrzeuge, Maschinen und Geräte mit Dieselmotor musste zum Schutz der Mitarbeiter unter Tage möglichst verzichtet werden.

Thomas-Wimmer-Ring

Auch der gesamte Erdaushub musste über die schmalen Logistiköffnungen abgetragen werden. (Bildquelle: Köster GmbH)

Logistikübungen am Holzmodell

Um eine reibungslose Zulieferung über die drei Logistiköffnungen zu garantieren, wurden diese aus Holz oberirdisch nachgebaut. Das Köster-Team und seine Nachunternehmer konnten so prüfen, wie sie ihre Bauteile konfektionieren müssen, um sie an den Ort der Verarbeitung bringen zu können. Wie groß und lang darf ein Bündel mit Bewehrungsstangen sein, ohne dass es zu einer Gefährdung der Mitarbeiter kommt, die das Material im Untergeschoss in Empfang nehmen? Fragen wie diese stellten sich auf der Münchener Großbaustelle fast täglich und verlangten von allen Beteiligten Kreativität und Flexibilität, so Projektleiterin Diana Rölke. „Man kann sich die Arbeit unter dem Deckel so beengt vorstellen wie in einem Bergwerk“, beschreibt sie die Arbeitsumgebung. Allerdings hatte die Deckelbauweise auch Vorteile: Die Rohbauteams konnten in den Wintermonaten geschützt vor Eis und Schnee einfach weiterarbeiten.

Gut geplante Baustellenlogistik

Da oberirdisch kaum Lagerplatz zur Verfügung stand, mussten Baumaterial und Aushub jeweils unmittelbar angeliefert bzw. abgefahren werden. Damit das funktioniert, unterstützte das Team der Köster GmbH ein vertrauensvolles Miteinander aller Nachunternehmer, berichtet Rölke. Damit unter Tage die Mitarbeiter der Partner den bereitgestellten Elektro-Stapler nutzen konnten, wurden spontan Staplerfahrerschulungen organisiert. Auch die Bewetterungsanlage für dieses „Hochbauprojekt unter Tage“ habe einiges an Planung und Organisation verlangt. Hier war das Know-how der Tief- und Tunnelbauer von Köster gefragt. 

„Wir konnten auf viel Kompetenz im eigenen Haus zurückgreifen und waren deshalb auch als Hochbau-Team zu jeder Zeit gut vorbereitet auf unsere Aufgabe, obwohl die meisten von uns ihre Arbeit erstmalig unter Tage zu erledigen hatten.“

Diana Rölke, Projektleiterin Köster GmbH

Oberflächlich sollen Baumgruppen, Wegeverbindungen und Stadtplätze den am Thomas-Wimmer-Ring angrenzenden Freiraum qualitativ aufwerten. (Bildquelle: WÖHR + BAUER GmbH)

Pünktlicher Abschluss

Die Oberflächenbauwerke, die im Bereich der provisorischen Verkehrsführung liegen, wie z. B. das Rampenbauwerk Ost mit der Ein- und Ausfahrtsrampe, können erst nach Erstellung des westlichen Tiefgaragenteils errichtet werden, da hierzu die Verkehrsführung über den westlichen Tiefgaragenteil geführt werden muss. Sämtliche Einhausungen der Rampen aus Fertigteilstützen mit Stahlkern und einem filigranen Durchmesser von 20 cm binden eine 30 cm breite, bewehrte Ortbetonbrüstung ein. Die Decken der Rampen werden in Stahlbetonbauweise vor Ort erstellt, die Fahrbahnen der Rampenbauwerke sowie die im 1. UG gebaute Straßenmeisterei erhalten Gussasphalt. „Für uns ist damit ein weiteres Projekt in der Zusammenarbeit mit der WÖHR + BAUER GmbH zum Abschluss gekommen, in dem technische Leistungsfähigkeit gefordert war, um den Anspruch an werthaltiges Bauen umzusetzen“, so das Fazit von Rölke. Dieser Anspruch habe den Bauherrn und das Team von Köster in der gesamten Planungs- und Bauphase miteinander verbunden und auch bei schwierigen Herausforderungen die „Marschrichtung“ vorgegeben. Trotz stetig drohender Einschränkungen in Zeiten der Corona-Pandemie gelang es Köster, die Bauarbeiten pünktlich zu beenden.

„Der Mobilitätshotspot TOM beweist, dass ein Verkehrsbau durch gestalterische Qualität ein Ort werden kann, an dem die Menschen sich wohlfühlen. Durch tageslichtähnliche Beleuchtung, feinsinniges Farbdesign und natürlich vor allem durch die luftige bauliche Gestaltung mit Deckenhöhen von rund 2,50 Metern wurde ein Umfeld geschaffen, das die Orientierung vereinfacht und Übersichtlichkeit schafft. So stellen wir von Wöhr + Bauer uns die Garagenqualität der Zukunft vor.“

Bernhard Deurer, Projektleiter der WÖHR + BAUER GmbH

Projektdaten

  • Objekt: Thomas-Wimmer-Ring, München; Rohbau Tiefgarage
  • Auftraggeber: WÖHR + BAUER GmbH
  • Stellplätze: 467 Stellplätze, 33 Anwohnerstellplätze, 20 Stellplätze für die städtische Straßenreinigung sowie 
    8 E-Ladestellen und 200 Fahrradboxen
  • Gebäudehöhe: 11 m
  • Besonderheit: Rohbau in modifizierter Deckelbauweise

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